Warum es grummelt und braune Scheiße hochkocht

Tach auch,

so so, es gibt also auch unter den Flüchtlingen  und Asylsuchenden ein Anspruchsdenken. Ja sollten die nicht froh sein, erstmal in einem friedlichen Land angekommen zu sein, in dem sie nicht um ihr Leben fürchten müssen? Reicht das nicht erstmal? Und jetzt taucht auch noch ein Artikel über das Anspruchsdenken von Menschen auf, die wir in unserem Land aufnehmen sollen. Das man dabei in einen Zwiespalt gerät, der alles andere, als Eintracht versprüht ist nachvollziehbar.

Klar ist, die Solidarität ist spätestens seit Hartz IV so oder so den Bach runter gelaufen und fortgespült. Sollen die faulen Säcke doch arbeiten gehen und überhaupt, wer arbeiten will, der findet welche! Doch kann ich davon leben, wenn ich heutzutage Arbeit finde? Gibt es das noch, mindestens einmal im Jahr in den Urlaub, wenigstens Malle für unter 400 €? Oder ein Auto, wenigstens einen Kleinwagen, gebraucht, ohne Reperaturstau, müsste doch drin sein, wenn ich arbneite! Ich stell doch keine Ansprüche, das ist doch völlig normal, nur was ist, wenn das nicht mal drin ist, ich von meiner Arbeit gerade mal Arbeitsweg, Dach überm Kopf und halbwegs gesunde Ernährung zustande bringe? Wo sind meine Ansprüche?

Jetzt klären uns ehrenamtliche Helferinnen auf, das auch Flüchtlinge Ansprüche haben. Handy, modisch akzeptable Bekleidung, Gardinen vor den Fenstern und man stelle sich vor, wie die Ansprüche erst mal wachsen, wenn solche Menschen länger hier sind?

Solche Menschen? Stop! Wir haben hier in diesem Land nie von Armut gesprochen. Es hieß immer relative Armut und bitte, die Menschen, die zu uns kommen, die Elend und Leid ertragen mussten, würdelose Behandlung erfahren haben, die sind erstmal auf den Stand unserer relativen Armut zu bringen und die sieht meist so aus, das unter Kappa-Sportschuhen gar nix läuft, Smartphone ein muss ist und Gardinen vor den Fenstern, das ja nichts darauf hindeuten kann, das dort Flüchtlinge leben.

Hat die Armutsrentnerin, die ihrem Ollen ein leben lang den Arsch frei hielt, die Kinder groß zog, danach noch ein paar Jahre Putzen ging, nicht auch einen Anspruch auf Smartphone-, Kappasportschuh- und Gardinenniveau? Sie hat nicht mal Geld, um die Renovierungsvorgaben aus ihrem Mietvertrag zu erfüllen, ohne einen bettlermäßigen Antrag zu stellen. Ist das Würdevoll?

Da kramen wir in unseren Kellern und auf unseren Dachböden liebevoll verpackte alte Sachen vom Opa aus, weil die ziehen wir ja sowieso nicht an und schleppen sie -vorher liebevoll gereinigt – zum Flüchtlingsheim und hoffen auf funkelnde und glänzende Augen und werden von diesen undankbaren Menschen auch noch enttäuscht, weil sie diese Bekleidung nicht wollen. Was ist da los?

Haben sie mal einen Tag in der Mülheimer Innenstadt verbracht? Ja diese Ruhrgebietsstadt, die symbolisch auch für andere Städte stehen könnte. Es ist erschreckend wie sehr man den Einheimischen ansehen kann, in welcher relativen Armut sie leben müssen. Da hat eine geflickte Jeans aber gar nichts mit Designerbekleidung zu tun und so mancher Riss in der Jeans ist tatsächlich aufgescheuert und nicht aus modischen Gründen vorhanden. Das verblichene T-Shirt ist wirklich schon tausendmal in der Waschmaschine gewesen und die Plastiksportschuihe haben neu mal 9,99 € gekostet.

Immer weniger Staat, immer mehr Eigenverantwortung, so hieß es vor ein paar Jahren von einem Kanzler, den ich von vornherein als absoluten Blender deklariert hatte, während andere ihn noch als Sozialdemokraten betitelten. Sozial ist anders, Sozial ist Gemeinschaft und mehr Staat und nicht weniger und Sozial bedeutet, Menschen in der Gemeinschaft, meist vom Staat organisiert, aufzufangen und nicht in relative Armut abrutschen zu lassen. Sozial bedeutet, Menschen, mitzunehmen, statt sie abzuhängen.

Unser Staat hängt Menschen ab, er ist so wenig geworden, das er es nicht organisiert bekommt, das Flüchtlinge nicht in Zelten und Turnhallen unterkommen müssen, in denen sie keine würdevolle Privatsphere haben. Unser Staat hat nicht dafür gesorgt, das es immer mehr Solidarität unter Menschen gibt, er hat dafür gesorgt, das es immer weniger Solidarität gibt. Vor diesem enormen Flüchtlingsstrom hat dieser Staat organisiert, das einheimische abgehängt werden, das ein Keil in diese Gesellschaft getrieben wird. Obendrauf packt der Staat nun Flüchtlinge, die es aufzunehmen gilt. Doch woher soll die Solidarität kommen, die es braucht, um diese Menschen sich hier wohl fühlen zu lassen, wenn ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung auch schon unzufrieden ist?

Das dann ein Grummeln in der Bevölkerung zu vernehmen ist und brauner Mist hochkocht, besonders dort, wo man sich schon viel länger von der Gesellschaft abgehängt fühlt, wie in manchen Teilen der östlichen Bundesländer, muss einen dann beim drüber Nachdenken nicht wundern. Man muss sich aber verpflichtet fühlen, gegen dieses Grummeln und Hochkochen von brauner Scheiße etwas so würdevolles zu tun, das es auch den Flüchtlingen bei uns so gut geht, das sich die Armutsrentnerin nicht abgehängt fühlt.

Unser Staat darf daher nicht noch weniger werden, sondern er muss wieder mehr werden, weil es Dinge in unser aller Gesellschaft gibt, die einfach in die Hände einer starken Gemeinschaft gehört, in der nicht nur schnödes wirtschaftliches Denken oberste Priorität haben darf und deswegen kann man einen Staat nicht führen, wie eine Firma, sondern man muss auch auf ganz viele menschliche Dinge Rücksicht nehmen, sonst werden immer mehr Menschen abgehängt, einheimische und Flüchtlinge.

 

Schönen Tach noch…

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Sanktionen sind hartherzig

Tach auch,

wenn die Mainstreampresse sich an das Thema Hartz IV heranmacht, dann ist die Berichterstattung meist ziemlich einseitig. „Die Zeit“ hat sich an das Thema Sanktionen herangemacht und sogar Anti-Beispiele geliefert, wie eher nicht sanktioniert werden sollte. Die Zeit weist sogar in ihrem Artikel auf das Bündnis für ein Sanktionsmoratorium hin.

Da ist z. B. die Alleinziehende, die auf der Rügen lebt und nur schwer einen Job bekommt, weil Kindergartenöffnungszeiten und Busfahrplan auf der Insel schwer unter einen Hut zu bekommen sind. Nach diversen veräumten Terminen, ob zu Vorstellungsgesprächen oder bei der ARGE, wurde sie sanktioniert. Ungerechfertigterweise, wie das Gericht entschieden hatte, allerdings erst Jahre später und das Kind hatte zudem ebenfalls unter den Sanktionen zu leiden, weil sie auch noch falsch umgesetzt wurden. Lapidare Antwort der ARGE: „Wir bedauern, dass wir im Fall Claudia B. das Gesetz nicht richtig angewandt haben.“

Sehr bedauerlich und sicherlich deutschlandweit kein Einzelfall, wobei es eher nach Ausflüchten aussieht, wenn ein behördenähnliches Konstrukt, wie eine ARGE so etwas als Entschuldigung angibt. Auch die ARGE auf Rügen unterliegt dem Sparzwang ihrer Kommune und dem unterliegt auch der zuständige Sachbearbeiter, in dem er eine Chance ergreift, erstmal zu sanktionieren, bevor er sich überhaupt Gedanken macht, wie die angeblichen Verfehlungen zustande gekommen sind. Hauptsache, Sparquote erfüllt!

Noch schlimmer sieht es bei den jüngeren unter 25 Jahren aus. Da wird ein eineurojobbender U25er sanktioniert, hat nur noch das Geld aus dem Zwangsjob und statt zu helfen, dass ein junger Mensch seine Termine auf die Reihe bekommt, wird ihm erstmal die Lebensgrundlage entzogen. Die gleiche Behörde hilft allerdings einem drogenabhängigen Obdachlosen, statt ihn zu sanktionieren, in dem man ihm eine Therapie ermöglicht und für eine Unterkunft in einem Heim sorgt.

Die O-Töne zielen in eine andere Richtung und sprechen teils von einer verfassungsrechtlich bedenklichen Sanktionierungshandhabung bei den U25ern:

…es gibt nach den Beobachtungen von Tina Hofmann, Referentin für Jugendsozialarbeit beim Paritätischen Wohlfahrtsverband, „einen kleinen, umso problematischeren Teil von Jugendlichen, der nach Sanktionen unter schwierigsten Verhältnissen leben muss: akute Wohnungsnot, hohe Schulden, psychische Krankheiten, soziale Isolation“. Vielen dieser Jugendlichen fehle das Selbsthilfepotenzial, um sich aus eigener Kraft aus ihrer Lebenskrise zu befreien und den Anforderungen eines Fallmanagers gerecht zu werden.

Es sind vor allem vier Problemgruppen, bei denen mangelnde Flexibilität und Rigidität des Gesetzes kontraproduktiv sind: Obdachlose, Drogenabhängige, psychisch Kranke und alleinerziehende Mütter.

„…Jugendlichen dürfen nicht sanktioniert, sondern ihnen muss geholfen werden“, kritisiert die Schuldenberaterin Marion Drögsler vom Arbeitslosenverband Deutschland. Bei einem Drogenabhängigen hat dasselbe Jobcenter genau das getan: Statt ihn zu sanktionieren, hat es ihm mithilfe einer christlichen Beratungsstelle einen Platz in einem Heim mit betreutem Wohnen beschafft. Inzwischen clean, besucht er jetzt einen Vorkurs für eine Ausbildung.

Am heikelsten sind Sanktionen gegen junge alleinerziehende Mütter. „Haben sie kleine Kinder, bringt bei ihnen das Streichen der Grundversorgung gar nichts“, hat der Geschäftsführer des Jobcenters Charlottenburg-Wilmersdorf, Johannes Langguth, mittlerweile erkannt. Solange die Kinder unter drei sind und ihre Betreuung nicht sichergestellt ist, müssen die Mütter ohnehin keinen Job annehmen.

Die Altersgrenze von 25 Jahren ist womöglich verfassungswidrig

Die Rechtsanwältin und Hartz-IV-Expertin Ines Mroß hält die härtere Sanktionierung von jungen Erwachsenen sogar für verfassungswidrig: „Es findet eine Diskriminierung wegen des Alters statt, denn nach dem Gesetz wird man im Alter von 24 Jahren und 11 Monaten wesentlich härter bestraft als nach der Vollendung des 25. Lebensjahres. Dafür ist keine Rechtfertigung ersichtlich.“

Beim Bundessozialgericht könnte deswegen eine Klage durchaus Erfolg haben. „Ich frage mich“, verrät der Sprecher des Bundessozialgerichts, Thomas Voeltzke, „warum zu der Grenze für verschärfte Sanktionen für unter 25-Jährige keine Revisionen anhängig sind. Die verfassungsrechtliche Problematik liegt auf der Hand.“

Die Grenze von 25 Jahren ist nach Auffassung von Johannes Langguth, Geschäftsführer vom Jobcenter Charlottenburg-Wilmersdorf, sowie fast aller Experten „willkürlich gezogen“ und verstößt damit gegen das Gleichbehandlungsgebot. Sachliche Gründe für diese Altersgrenze konnte das Bundesarbeitsministerium auf Anfrage nicht nennen.

Uwe Berlit, Richter am Bundesverwaltungsgericht, greift einen anderen Punkt auf: Der vollständige Entzug des Regelsatzes bei jungen Erwachsenen verstoße gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil bei unter 25-Jährigen im Vergleich zu Erwachsenen von „keiner höheren Handlungskompetenz oder Einsichtsfähigkeit ausgegangen“ werden könne, die eine härtere Sanktionierung rechtfertigten. Verwundert beobachtet Jobcenter-Chef Langguth immer wieder, wie Hartz-IV-Empfänger nach ihrem 25. Geburtstag aufatmen: „Sie bekommen weniger Termine beim Jobcenter, geringere Betreuung, mildere Sanktionen, und sie können in eine eigene Wohnung ziehen.“

Es sah zwar unter Rot-Grün und in der großen Koalition nicht anders aus, als jetzt bei der Hornissenregierung: lieber bestafen, statt helfen! Es gibt reichlich junge Leute, die stellen sich auf stur. Letztendlich werden sie in ihrer Freiheit ziemlich beschnitten. Ist viel Streit mit den Eltern vorhanden, dann wird der Auszugswunsch zum 18. Geburtstag schnell mal eben um 7 Jahre verschoben werden müssen und das Unheil nimmt seinen Lauf, weil niemand so richtig mit den jungen Leuten ins Gespräch kommt und nur ganz selten werden sie ernsthaft gefragt, was sie selbst wollen und wie sie ihre Zukunft gestaltet sehen.

Sanktionen, als Erziehungsmittel sind da völlig fehl am Platz, nicht hartherzig, sondern eben auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht bedenklich. Höchst bedenklich ist auch, dass den ARGEn und JobCentern mit dem § 31 SGB II auch ein Hilfsinstrument zur Erfüllung von Sparquoten in die Hand gegeben wird und unzureichend ausgebildete Leute die umsetzen sollen. Aber welcher U25er klagt sich schon bis zum Bundesverfassungsgericht?

Schönen Tach noch…